Es ist wichtig zu verstehen, dass immer wenn du dich mit etwas identifizierst – du dein Selbst also mit deinen Gedanken oder Gefühlen gleichsetzt –, keine Veränderung möglich ist. Zu erkennen ist diese Identifikation an einem »Ich bin…« wie zum Beispiel in »Ich bin nicht gut genug.«
Wenn du einen deiner Selbstzweifel für dich einmal mit einem »Ich bin« davor aussprichst, wirst du vielleicht merken, wie einnehmend sich das anfühlt. Da ist keinerlei Bewegung, kein Raum für Veränderung, es ist wie ein unumstößlicher Fakt. Ich bin halt so. Vermutlich wirst du eine Enge, etwas Schweres oder Resigniertes in dir spüren.
Nur wenn du fähig wirst, in Beziehung zu diesem Gedanken oder Gefühl in dir zu treten, anstatt es mit dir selbst zu verwechseln, dann kann überhaupt ein konstruktiver und heilender Prozess beginnen. In diese Präsenz zu finden funktioniert erstaunlich gut über eine simple Umformulierung:
- Aus dem »Ich bin nicht gut genug« wird »Etwas in mir fühlt sich nicht gut genug«
- Oder auch »Ich spüre etwas in mir, das fühlt sich nicht gut genug.«
Das Selbst wird somit zur spürenden Instanz und wird nicht mehr mit dem Gefühl oder dem Gedanken gleichgesetzt. Du wirst fähig, darauf zu antworten.
»Ich spüre etwas in mir, das fühlt sich nicht gut genug« – Vielleicht kannst du den Unterschied wahrnehmen: Es wird tendenziell weiter, es entsteht mehr Raum und vielleicht auch schon etwas Neugier. Gerade das Wort »etwas« ist so schön ungenau, dass es zum interessierten Erforschen einlädt.
Aus kritischen Sätzen wie »Immer machst du alles falsch!« kann erst einmal eine Beobachtung werden: »Ich spüre etwas in mir, das sagt »Du machst immer alles falsch««.
Vielleicht magst du diesen Anteil in dir mit einem ganz neutralen »Hallo« wissen lassen, dass du ihn hörst. Mehr nicht. Du möchtest ihm weder widersprechen noch zustimmen. Du bist einfach präsent.
Spüre dann nach, ob dieser Anteil vielleicht besorgt über etwas ist. Was möchte er, das nicht passiert? Vor welcher unangenehmen Erfahrung will er dich bewahren?
Das könnte dann zum Beispiel so klingen:
- Ausgangssatz: »Immer machst du alles falsch!«
- »Ich spüre etwas in mir, das sagt »Immer machst du alles falsch!«. Hallo dazu.«
- »Ich spüre, dass es sich darum sorgt, dass ich Fehler mache und dann werde ich kritisiert… und da ist etwas in mir, das fühlt sich dann ganz allein und hilflos.«
- »Ich lass es wissen, dass ich höre, wie allein und hilflos es sich fühlt.«
Wende dich – statt der kritischen Stimme – der Sorge dahinter zu. Du kannst dich auch fragen, welches Bedürfnis dahinter steckt. Hinter der Angst zu scheitern könnte zum Beispiel die Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Verbundenheit liegen. Auch das kannst du innerlich anerkennen.
Sehr hilfreich kann es hierbei sein, in deinen Körper zu spüren: Wo genau lebt dieses Gefühl in dir jetzt gerade? Wie äußert es sich in diesem Moment? Ist es eine Enge in der Brust? Ein Druck im Magen? Ein Kloß im Hals? Ein angespannter Kiefer? Ein Stechen oder Ziehen? Vielleicht magst du ganz sanft eine Hand an diese Stelle legen und das Gefühl innerlich wissen lassen, dass du da bist und es hältst.
»Ich bin da und ich höre, wie ängstlich du bist. Das ist okay. Ich halte dich.«
Häufig zeigt sich hierauf eine direkte Antwort – vielleicht entspannt es sich ein wenig, atmet auf, fühlt sich gehört, gesehen und anerkannt. Was kannst du bei dir wahrnehmen?
Ich lade dich ein, in der Meditation in diesen Kontakt zu treten.